Die EU Taxonomieverordnung – Neuerungen zur Definition der Kriterien für die Umweltziele 3–6

Grundsätzliches

Die EU Taxonomieverordnung (2020/852) wurde im Jahr 2020 verabschiedet und zielt darauf ab, Klarheit und Transparenz insbesondere durch einheitliche Kriterien für die Ausweisung und Unterscheidung von nachhaltigen und nicht nachhaltigen Investitionen, Ausgaben und Umsätzen zu schaffen.

Sie ist damit ein wesentlicher Bestandteil der Bemühungen der EU, durch Förderung (privater) Investitionen in grüne und nachhaltige Projekte einen Beitrag zum Europäischen Green-Deal zu leisten und Greenwashing entgegenzuwirken.

Die Taxonomieverordnung ist an drei Gruppen gerichtet:

  • EU-Mitgliedstaaten und die EU selbst
  • Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte bereitstellen
  • Unternehmen, die zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind

Die Verordnung legt sechs Umweltziele fest:

  • Klimaschutz
  • Anpassung an den Klimawandel
  • Schonung der Wasserressourcen
  • Beitrag zur Kreislaufwirtschaft
  • Vermeidung von Umweltverschmutzung
  • Wahrung der Biodiversität


Bisher geltend

Die Verordnung ist seit dem 1.1.2022 auf Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel anzuwenden. Diese ersten Anwendungsbereiche definiert die Delegierte Verordnung (EU) 2021/2139 („Taxonomy Climate Delegated Act“). In deren Anhang I und II finden sich dazu sogenannte technische Bewertungskriterien für taxonomiefähige Wirtschaftstätigkeiten zu den beiden Zielen. Auf die verbleibenden 4 weiteren Umweltziele wurde bisher nur insofern eingegangen, als auch zu deklarieren war, ob eine Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen der übrigen Umweltziele vermeidet.

Ein ergänzender delegierter Rechtsakt zur Taxonomieverordnung (2022/1214) wurde 2022 beschlossen. Er klassifiziert Wirtschaftsaktivitäten in Zusammenhang mit Kernenergie und Gas als Übergangstätigkeit. Diese Aktivitäten sollen übergangsweise zur Klimaneutralität beitragen. Hierbei wichtig: Österreich lehnt ab, dass Investitionen in nukleare Energie als nachhaltige Übergangstätigkeit qualifiziert werden können! (*)

Was neu dazukommt

Im Sommer 2023 veröffentlichte die Europäische Kommission neue delegierte Rechtsakte:

  • Einerseits die Delegierte Verordnung C(2023)3850 final, die Änderungen zum „Taxonomy Climate Delegated Act“ festlegt (z.B. Ergänzung weiterer Wirtschaftstätigkeiten und Bewertungskriterien) und
  • andererseits die Delegierte Verordnung C(2023)3851 final (“Taxonomy Environmental Delegated Act”), die in ihrem Anhang I–IV auch Wirtschaftstätigkeiten und technische Bewertungskriterien für die Umweltziele 3 bis 6 festgelegt. Zu Umweltziel 4, Kreislaufwirtschaft, kommen hier laut aktueller Fassung z.B. 21 Aktivitäten in 5 Sektoren hinzu.

Nun haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union einige Monate Zeit, um Einwände zu erheben. Geschieht dies nicht, werden die Rechtsakte im EU-Amtsblatt veröffentlicht und treten laut derzeitigem Plan am 1.1.2024 in Kraft.

Wer ist betroffen?

  • Seit 1.1.2023 sind große Unternehmen berichtspflichtig, die bereits unter das NaDiVeG bzw. die NFRD fielen.
  • Ab 1.1.2024 kommen Unternehmen hinzu, die erst ab Gültigkeit der CSRD Corporate Sustainability Reporting Directive berichtspflichtig werden – Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden Charakteristika erfüllen:
    • Mehr als 250 Mitarbeitende
    • Mehr als 20 Mio. Euro Bilanzsumme
    • Mehr als 40 Mio. Euro Umsatz
  • Ab 1.1.2026 sind auch kleine und mittlere kapitalmarktorientierte Unternehmen berichtspflichtig.

Für die Berücksichtigung der Änderungen durch die neuen Verordnungen im Rahmen der Berichtspflicht ist ein Phase-in geplant. Erst ab 1.1.2025 ist in vollem Umfang zu berichten, daher neben der Taxonomiefähigkeit auch die Taxonomiekonformität diesbezüglich zu belegen (die Änderungen gelten also für Geschäftsjahre [Berichtszeiträume], die mit / nach 1.1.2024 beginnen und Berichte dazu ab 2025).

Auch wenn EU-Parlament und -Rat bis ca. Ende 2023 noch Zeit für Einwände gegen die aktuellen Fassungen der neuen Verordnungen haben, lohnt es sich jetzt schon, die möglichen Änderungen zu reflektieren.

Das ESG-Cockpit unterstützt bei standortübergreifender Taxonomie-Berichtslegung digital und effizient!

(*) BMK: Rechtsgutachten bestätigt: Kernenergie ist keine „grüne“ Investition.

Rechtsakte ab 2020 – seit Veröffentlichung der EU-Taxonomieverordnung

Verordnung (EU) 2020/852 – „EU-Taxonomieverordnung“ (Basis für alle Ergänzungen)

Delegierte Verordnung (EU) 2021/2139 – Ergänzender Rechtsakt betreffend die ersten 2 Umweltziele, Klimaschutz und Klimawandelanpassung
(„Taxonomy Climate Delegated Act“)

Delegierte Verordnung (EU) 2022/1214 – Ergänzender Rechtsakt zur Regelung von Aktivitäten im Bereich Kernenergie und Gas

Ergänzend seit Sommer 2023 (und in Kraft tretend Anfang 2024, sofern keine Einwände seitens des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union bestehen)

Delegierte Verordnung C(2023)3850 final – Ergänzender Rechtsakt betreffend Änderungen zum „Taxonomy Climate Delegated Act“

Delegierte Verordnung C(2023)3851 final – Ergänzender Rechtsakt betreffend die restlichen 4 Umweltziele (“Taxonomy Environmental Delegated Act”)